Fünfter Abschnitt
Die staatlich organisierte Bürgerspeisung Spartas und Kretas und der Sozialismus des kriegerischen Gesellschaftstypus

[46] Zu einem ähnlichen Ergebnis gelangen wir, wenn wir uns jener vielbesprochenen und so vielfach falsch beurteilten Institution zuwenden, welche Tarents Mutterstadt und die verwandten dorischen Gemeinden Kretas am längsten bewahrt haben: der öffentlichen, d.h. staatlich organisierten Speisung der Bürger.

Auch sie hat man als Überrest einer primitiven agrarischen Gemeinschaft in Anspruch genommen. Wenn man die Früchte des Landes gemeinschaftlich verzehrte, so habe das seinen letzten Grund darin gehabt, daß man ursprünglich das Land nicht als Domäne der einzelnen, sondern als gemeinsame Ernährerin aller betrachtete.139 Ein klares Licht auf dieses Entstehungsmotiv falle durch die Bemerkung Diodors über die Liparer:

»Sie machten ihre Güter gemeinsam und speisten bei öffentlichen Mahlen.« Letztere hätten sich eben geschichtlich unmittelbar an die Feldgemeinschaft angeknüpft und verhielten sich zu derselben, wie die Wirkung zur Ursache.140 Ja das Institut gestatte uns, noch weiter zurückzugreifen über die erste Begründung seßhafter Gemeinden hinaus auf das Wanderleben der patriarchalen Familien. Aus den Zeiten der Nomadenwirtschaft und einer primitiven Feldgemeinschaft sei es durch Religion und Sitte fortgepflanzt und erhalten worden.

Man vergegenwärtige sich die außerordentliche Tragweite dieser Auffassung! Ist sie richtig, sind die Syssitien nur der letzte Überrest einer alten Agrarverfassung, welche nicht nur das Land, sondern auch den Ertrag als Gemeingut behandelte, d.h. nicht einmal eine Verteilung der Ackerfrucht an die einzelnen, sondern nur einen streng gemeinsamen Verbrauch von seiten aller zuließ, so ist die hellenische Volkswirtschaft in der Tat durch eine Entwicklungsphase hindurchgegangen, welche sich[46] als die denkbar strengste Form eines agrarischen Kommunismus darstellt.141 Das älteste Hellas hätte Individualeigentum weder am Grund und Boden, noch am Fruchtertrag gekannt; eine Verbindung von Gemeinbesitz und Gemeingenuß, die dann ihrerseits wieder eine streng gemeinschaftliche, von Organen der Gesamtheit geleitete oder beaufsichtigte Bewirtschaftung des Bodens zur notwendigen Voraussetzung gehabt hätte!

Welch tiefer Einblick in das sozialwirtschaftliche Leben der Vorzeit würde sich da vor unseren Augen eröffnen! Die Kenntnis, die wir auf diesem Wege von der Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung der ältesten Hellenen gewännen, würde an innerer Bedeutsamkeit nicht hinter dem zurückstehen, was wir z.B. von den entsprechenden altgermanischen Verhältnissen durch unmittelbare Zeugnisse wissen; ja sie würde die aus diesen Zeugnissen gewonnenen Vorstellungen an Klarheit und Bestimmtheit weit übertreffen.

Man wird nun allerdings die Möglichkeit einer derartigen streng gemeinwirtschaftlichen Durchgangsphase der hellenischen Volksentwicklung nicht von vorneherein in Abrede stellen können. Allein mit bloßen Möglichkeiten ist es hier nicht gedient. Vielmehr muß der Nachweis erbracht werden, daß das Syssitieninstitut keinen anderen Ursprung gehabt haben kann, nur so in seiner Entstehung verständlich wird. Ist nun dieser Rückschluß auf die Feldgemeinschaft wirklich ein so zwingender?

Wie die homerischen Gedichte bezeugen, war es alte Gewohnheit der Fürsten und der Edlen des Volkes, sich gemeinsam des Mahles zu freuen, und zwar finden wir bereits hier das öffentliche Mahl, das Mahl als politisches Institut. Es werden Mahle erwähnt, deren öffentlicher Charakter einerseits aus ihrer Bedeutung als Ratsversammlung, anderseits daraus hervorgeht, daß sie – wenigstens nach dem Zeugnis der Ilias – »von den Achäern zugerüstet«, d.h. auf öffentliche Kosten abgehalten wurden.142

Wer wollte diese homerischen Staatsmahle aus anderen als politischen und gesellschaftlichen Motiven ableiten?[47] Ist dem aber so, erscheint hier das öffentliche Mahl als integrierendes Element der staatlichen Ordnung, ohne daß auch nur die geringste Spur eines ursächlichen Zusammenhanges mit der Agrarverfassung ersichtlich wäre, so drängt sich von selbst die Frage auf, ob das Institut nicht doch auch vielleicht in der Form, in der es uns in den Syssitien des dorischen Kriegsadels entgegentritt, wesentlich in den staatlichen Verhältnissen wurzelt oder wenigstens zur Genüge aus ihnen erklärt werden kann.

In der Tat, wenn wir die Stellung der Syssitien im Organismus des spartanisch-kretischen Staates näher ins Auge fassen, so leuchtet sofort ein, daß die Zurückführung derselben, auf ein rein wirtschaftliches Motiv jedenfalls eine willkürliche ist. Die Vertreter dieser Theorie heben an dem Syssition allzu einseitig den Charakter der Speisegenossenschaft hervor, eine Auffassung, die dem eigentlichen Wesen und Zweck desselben nicht entfernt gerecht wird.

Es bleibt dabei völlig unberücksichtigt, daß die Syssitien in Sparta, wie auf Kreta, zugleich einen organischen Bestandteil der Wehrverfassung, der militärischen Volkserziehung und der bürgerlichen Zucht (ἀγωγή) bildeten, ein Glied in jenem System stetiger Kriegsbereitschaft, welche dem Herrenstand dieser Dorergemeinden durch die Lage inmitten einer an Zahl weit überlegenen Untertanenschaft und grundhörigen Bauernschaft aufgenötigt wurde. Die Kriegsbereitschaft war hier bekanntlich mit einer Konsequenz durchgebildet, daß das Gemeinwesen als ein förmlicher Lagerstaat erschien,143 dessen Bevölkerung sich als ein alle Zeit unter den Waffen stehendes und zum Ausmarsch bereites Heer darstellt.

Man muß sich eben, um die Institutionen Spartas und Kretas geschichtlich zu verstehen, in weit höherem Grade, als es bisher geschah, die Lebensbedingungen und Konsequenzen des »kriegerischen Gesellschaftstypus« vergegenwärtigen, wie sie neuerdings in so vortrefflicher Weise von Herbert Spencer analysiert worden sind.144

Ein so ausschließlich für den Krieg und den Kampf um die Existenz organisiertes Gemeinwesen, wie es der spartanisch-kretische Lagerstaat war, sah sich von Anfang an auf eine in ideeller und technischer Hinsicht möglichst vollkommene Verwirklichung des Gemeinschaftsprinzips hingewiesen. Hier mußten – zum Zwecke des Angriffes, wie der Abwehr – alle Bürger an stetiges Zusammenwirken in gemeinsamer Tätigkeit gewöhnt,[48] mußten alle Kräfte und Tätigkeiten der Individuen in möglichst wirksamer Weise kombiniert und auf ein Ziel konzentriert werden. Der »chronische Militarismus«, in welchem die Entwicklung des kriegerischen Gesellschaftstypus ihren Ausdruck fand, forderte die innigste Verknüpfung aller Teile des Volksganzen, eine Verschmelzung, welche den ganzen sozialen Aufbau dieser Staaten zu einem Ebenbild der festgefügten Phalanx ihres Heeresorganismus machte. Das Bedürfnis, über die ganze Kraft jedes einzelnen jeden Augenblick verfügen zu können, führte hier mit innerer Notwendigkeit zu dem Ergebnis, daß die strenge militärische Ordnung, das »System der Regimentation« sich weit über das Heerwesen hinaus verbreitete und alle Seiten des bürgerlichen Lebens dem staatlichen Zwang und der staatlichen Aufsicht unterwarf.145 Wie sich die taktische Virtuosität des spartanischen Heereskörpers nach dem Urteile des Thukydides daraus erklärt, daß die einzelnen Glieder desselben zueinander in zahlreichen Abstufungen der Unterordnung standen, daß er »fast ganz aus Vorgesetzten über andere Vorgesetzte bestand und daher die Sorge um das, was geschehen sollte, sehr vielen am Herzen lag,«146 – so stellte die politische und soziale Organisation dieser Gemeinschaft von Berufskriegern ein System von sukzessiven Abstufungen der Unterordnung dar, in welchem jeder ältere Mann zum jüngeren im Verhältnis des Höheren zum Niederen stand.

Diese überall auf das einheitliche Zusammenwirken in der Masse gerichtete Tätigkeit des Staates ließ wenig Spielraum für die freie Entfaltung des einzelnen. Das Individuum erscheint recht eigentlich dazu bestimmt, in der Masse aufzugehen, seine individuellen Neigungen und Wünsche dem Ganzen zu opfern, dem sein Leben gehört. Schon beim Eintritt in das Leben entscheidet die Rücksicht auf den Staatszweck über Sein oder Nichtsein des Individuums. Wenn die Entscheidung zugunsten desselben ausfällt, geschieht es nur, um dies junge Leben sobald als möglich in die Zucht und Schule des Staates zu nehmen, von der erst der Tod befreit.147 Alles individuelle Leben wird in die Richtung hineingezwungen, welche der Staatszweck fordert, kein anderer Bildungsgang, kein anderer Beruf dem Bürger gestattet, als der des Kriegers. Der Staat teilt jedem seine Tätigkeit zu, stellt ihn sozusagen Tag und Nacht unter[49] die Zensur der Öffentlichkeit. Er schreibt ihm vor, wann er zur Ehe zu schreiten hat, um dem Staate Bürger zu geben, und sucht ihn anderseits wieder dem häuslichen Leben möglichst zu entziehen. Er versichert sich seiner Person für alle Zeiten, indem er die Auswanderung des Bürgers mit dem Tode bedroht und auch sonst die Freizügigkeit in hohem Grade beschränkt. Wie der leibeigene Helote an die Scholle gebunden ist, so darf auch sein Herr – in seiner Eigenschaft als Soldat – sich nicht ohne Erlaubnis von seinem Wohnort entfernen. Auch er ist ein unbedingt abhängiges Werkzeug, auch er in gewissem Sinne ein Eigentum des Staates.148

Nicht minder erklärt sich aus den Lebensbedingungen des kriegerischen Gesellschaftstypus die Zentralisation der Verwaltung, wie sie uns im Ephorat entgegentritt, und die staatliche Regulierung der Volkswirtschaft. Wie jede Gesellschaft von solch kriegerischem Typus durch die Unsicherheit ihrer Verkehrsbeziehungen zum Ausland genötigt ist, eine sich selbst genügende und sich selbst erhaltende Organisation zu schaffen, in ihrem eigenen Bereich für die Erzeugung aller notwendigen Lebensbedürfnisse zu sorgen und sich dadurch vom Ausland unabhängig zu machen, so sehen wir in Sparta auch diese Tendenz in radikalster Weise verwirklicht, das Prinzip der wirtschaftlichen Autonomie bis zum Verzicht auf ein allgemein gültiges Tauschmittel gesteigert. Eine Abschließung, der dann auf der anderen Seite als notwendiges Korrelat innerhalb der Bürgerschaft selbst eine um so engere ökonomische Gemeinschaft entsprach, die – wie schon früher erwähnt149 – den einzelnen sogar dazu berechtigte, sich unter Umständen des Eigentums anderer Bürger für seinen Gebrauch zu bedienen.

Wenn man sich diese ganze Organisation von Staat und Gesellschaft vergegenwärtigt, die durch eine das ganze menschliche Leben umspannende staatliche Leitung, ja durch eine Art von gemeinschaftlichem Haushalt die Gesamtheit der Bürger zu einem kunstvoll gegliederten Ganzen, zu einem »Kosmos« vereinigte, so wird man dieselbe als eine ausgeprägt sozialistische bezeichnen dürfen. Der Staatssozialismus ist das naturnotwendige Korrelat des kriegerischen Gesellschaftstypus; und dieser Sozialismus ist hier mit einer Konsequenz durchgebildet, daß uns aus ihm alle Tatsachen der spartanisch-kretischen Geschichte, welche[50] die oben erwähnte Doktrin auf den Agrarkommunismus der Urzeit zurückführen zu müssen glaubt, vollkommen verständlich werden.150

Die Form, in der sich diese sozialistische Ausgestaltung der Gesellschaft vollzog, war – wie schon angedeutet – einfach dadurch gegeben, daß man auch im Frieden möglichst die Ordnungen des Feldlagers festhielt. Und der sprechendste Beweis dafür ist eben das Syssitieninstitut, die gemeinsame Speisung der ganzen Bürgerschaft, als deren Zweck die Tradition daher mit Recht die Erhöhung der Marschbereitschaft und Schlagfertigkeit bezeichnet.151 Die Waffenbruderschaften, die im Felde zusammenlagerten und in der Schlacht zusammenstanden, bestehen als Tischgenossenschaften auch im Frieden fort,152 wobei der militärische Charakter der Verbindung so strenge festgehalten wird, daß als Aufsichtsbehörde über sie die Polemarchen fungieren und die Genossen zum gemeinsamen Mahle sich bewaffnet versammeln. In gewisser Hinsicht erinnern die Syssitien ja auch an jene weitverbreiteten Grundformen menschlicher Gesellschaft, die uns als Altersklassen und Männerbünde bei den verschiedensten primitiven Völkern begegnen. Aber gerade hier sehen wir recht deutlich, daß es vor allem kriegerische Stämme sind, die diese Formen als Grundlage der Heeresverfassung gewählt und weiter ausgebildet haben.153

Angesichts dieser Tatsachen erscheint die Ableitung des spartanisch-kretischen Syssitienwesens aus politisch-militärischen und sozialen Motiven als die ungezwungenste und natürlichste Erklärungsweise.154 Wenigstens sind wir, um das Institut geschichtlich zu verstehen, in keiner Weise genötigt, noch irgendwelche andere Entstehungsgründe heranzuziehen, so daß für eine Anknüpfung an wirtschaftliche Verhältnisse[51] jeder Anhaltspunkt fehlt. Neben den Tischgenossenschaften kann auch einmal die Feldgemeinschaft bestanden haben, wie das Beispiel des dorischen Lipara beweist, allein sie brauchen keineswegs immer und überall in einem ursächlichen Zusammenhang mit der Feldgemeinschaft zu stehen. Ist es doch angesichts der ganzen Stellung, welche die gemeinsame Bürgerspeisung im Organismus des dorischen Kriegerstaates einnimmt, selbst für Lipara keineswegs wahrscheinlich, daß die dortigen Syssitien ausschließlich eine Wirkung der Feldgemeinschaft waren. Sie können auch hier sehr wohl, wie die liparische Feldgemeinschaft selbst, zugleich als Ausfluß der kriegerischen Organisation der Gemeinde betrachtet werden. –

Ja wenn die Syssitien in der Gestalt, in der sie uns auf Lipara und Kreta, sowie in Sparta entgegentreten, eine allgemein dorische oder gar althellenische Einrichtung überhaupt gewesen wären – wie man seit Otfried Müller angenommen hat –, dann würde man allerdings berechtigt, ja genötigt sein, zumal für die Landschaften, die sich nicht in der Zwangslage der genannten Gemeinden befanden, ein Entstehungsmotiv allgemeinerer Art zur Erklärung heranzuziehen, wie es eben die wirtschaftlichen Verhältnisse darbieten würden. Allein ist für jene Annahme auch nur der Schatten eines Beweises erbracht?

Die Sitte des geselligen Zusammenspeisens hat allerdings zu allen Zeiten eine große Rolle im staatlichen und gesellschaftlichen Leben der Hellenen gespielt, sie ist in der Verfallszeit sogar in förmlichen Speiseklubs über alles Maß hinaus gepflegt worden. Allein wo auch immer sonst von »Syssitien« die Rede ist, nirgends läßt sich erkennen, daß es sich dabei um die regelmäßige und allgemeine Speisung ganzer Bürgerschaften handelte, wie in Sparta oder Kreta. Und nur diese kann doch hier überhaupt in Betracht kommen, nicht gewöhnliche Opfer- und Festschmäuse oder gemeinsame Mahle einzelner Korporationen, sei es privaten oder öffentlichen Charakters. Oder sollen wir mit denen, die um jeden Preis Spuren einer kommunistischen Durchgangsphase der sozialen Entwicklung von Hellas finden möchten, auch diesen »Syssitien« eine Beweiskraft für unsere Frage einräumen?

Die Alten selbst haben allerdings die verschiedenen Formen von Syssitien keineswegs strenge auseinandergehalten. Aristoteles z.B. vergleicht ohne weiteres mit dem spartanischen Institut die Mahle der »Hetärien« Karthagos,155 bei denen wir doch selbstverständlich auch dann, wenn sie[52] öffentliche Korporationen waren, nicht entfernt an eine tägliche und allgemeine Bürgerspeisung denken dürfen. Auch Dionys von Halikarnaß [II 23] sieht sich durch die Fest- und Opfermahle der römischen Kurien, die doch vielmehr in den Opferschmäusen der attischen Phratrien ein Seitenstück haben, an die spartanischen Syssitien erinnert; und wieder ein anderer, ein Interpolator des Aristoteles (zu Politik IV 9, 2. 1329 b) sucht den Ursprung des spartanisch-kretischen Syssitienwesens in Süditalien, ohne im geringsten anzudeuten, ob die den altitalischen Bauern zugeschriebene Sitte gemeinsamer Mahlzeiten wirklich mit der spartanischen Ähnlichkeit hätte. Wir belächeln dergleichen Kombinationen; aber ist es nicht immer noch recht willkürlich, wenn nun auch moderne Forscher die sämtlichen, innerlich so verschiedenen Formen von öffentlichen oder gemeinsamen Mahlen als gleichwertig behandeln und sie nur als spätere Modifikationen eines und desselben ursprünglich zugrundeliegenden Institutes der Vorzeit gelten lassen wollen, als letztes Überbleibsel einer kommunistischen Wirtschaft patriarchaler Familiengruppen?156

Bücher glaubt als ein »besonders wichtiges« Beweismoment für die Herkunft der Opfermahle der attischen Phratrien aus der Feldgemeinschaft eben den »patriarchalen« Charakter dieser Verbände hervorheben zu müssen.157 Allein ist die Beweiskraft dieses Momentes wirklich so zwingend? Daß der »patriarchale« Zusammenhalt örtlich oder verwandtschaftlich verbundener Familien ursprünglich stets auch einen förmlichen agrarischen Kommunismus in sich geschlossen habe, ist eine Annahme, die in dieser Allgemeinheit nicht erwiesen ist. Um so sicherer ist es dagegen, daß in Hellas jede derartige patriarchale Gemeinschaft zugleich eine Kultusgemeinschaft darstellte, mit der dann auch jene gemeinsamen Mahle von selbst gegeben waren. Mit den Opferfesten, in denen der sakrale Zusammenhang der Genossenschaft zum Ausdruck kommt, verbindet sich eben naturgemäß und notwendig das gemeinsame Opfermahl. Bedarf es da zur Erklärung der Sitte noch des Kommunismus?158

Übrigens wird von der genannten Theorie der weitere wichtige Umstand[53] übersehen, daß gerade bei derjenigen Form des öffentlichen Mahles, welche einer primitiven Agrargemeinschaft am meisten entsprechen würde, bei dem spartanischen und allem Anscheine nach auch bei dem kretischen Bürgermahl, von einem Zusammenhang mit patriarchalischen Institutionen überhaupt keine Rede sein kann. Die spartanische Tischgenossenschaft bildete sich bekanntlich durch die freie Wahl ihrer Mitglieder, sie nahm so wenig Rücksicht auf Familien- und Geschlechtsverband, daß nicht einmal Vater und Sohn Mitglieder eines Syssition zu sein brauchten. Ebenso spricht alles dafür, daß auch die kretischen Syssitien solche frei gebildete Genossenschaften waren.159

Gerade hier tritt also das Institut aus jedem Zusammenhang mit der Agrarverfassung heraus. Das Prinzip der Unteilbarkeit und Unveräußerlichkeit der alten Stammgüter mochte sehr häufig mehrere Familien zu gemeinsamer Wirtschaft vereinigen, für die Zusammensetzung der Tischgenossenschaften sind diese Hausgemeinschaften ebensowenig maßgebend gewesen, wie irgendein anderes agrarwirtschaftliches Verhältnis. Es ist daher auch von diesem Gesichtspunkt aus völlig willkürlich, die Syssitien als Überrest einer engeren patriarchalischen Vermögensgemeinschaft aufzufassen. Überall, wo wir sonst einen Zusammenhang zwischen der Sitte gemeinsamer Mahlzeiten und der Feldgemeinschaft zu erkennen vermögen, wie z.B. bei gewissen ostafrikanischen Stämmen, bei den Indianern und Südseeinsulanern, sind es patriarchalische Gruppen, von denen sie abgehalten werden, die Geschlechtsgenossenschaften oder die auf letzteren beruhenden Dorfgemeinschaften.160

Nun zeigt ja allerdings das Syssitieninstitut in der Form, wie es uns auf Kreta entgegentritt, ein ausgesprochen gemeinwirtschaftliches Gepräge. Die ganze Bürgerschaft wird hier auf Kosten der Gesamtheit ernährt. Alle Einkünfte, welche der Staat von den Allmendegütern,161 aus den Kopfsteuern der unfreien Bevölkerung162 oder aus anderen öffentlichen Einnahmequellen bezog,163 insbesondere die Grundsteuern,[54] welche außer den Untertanen164 die Bürger aus ihrem Anteil am Fruchtertrag ihrer Hörigen zu leisten hatten (in Lyktos ein Zehntel der Ernte)165 wurden hier – soweit sie nicht für den Kultus und sonstige Staatszwecke zur Verwendung kamen – für die Syssitien in Anspruch genommen. Während in Sparta das Institut zwar ebenfalls eine Anstalt der Gemeinschaft war, aber im übrigen, d.h. in seiner Verwaltung und seiner Tätigkeit für die Gemeinschaft, sich wesentlich mit dem privatwirtschaftlichen Prinzip von Leistung und Gegenleistung begnügte und so individualistisch organisiert war, daß – bei gleicher Beitragspflicht für alle – jeder für seinen Bedarf selbst aufzukommen hatte, ja im Unvermögensfalle den Anteil am Staatstisch sowie das Vollbürgerrecht verlor,166 ist auf Kreta das privatwirtschaftliche Moment, der Grundsatz von Leistung und Gegenleistung, nur soweit beibehalten, als es um der Gerechtigkeit und Zweckmäßigkeit willen erforderlich schien. Hier diente das Institut grundsätzlich den Bedürfnissen der Gesamtheit als Gesamtheit und die Gemeinschaft trat daher selbst mit ihren Mitteln für die wirtschaftlich minder Leistungsfähigen ein, so daß auch die Ernährung der Ärmeren vollkommen gesichert war.167 Mochte die Beisteuer der letzteren hinter den Kosten ihres Unterhaltes zurückbleiben, sie wurden deswegen nicht ausgeschlossen, sondern der Ausfall durch die entsprechende Höherbelastung der Vermögenderen und den Staatsbeitrag ausgeglichen. Da sich die Beisteuer des einzelnen nicht, wie in Sparta, nach seinem für alle gleichen Anspruch an den Staatstisch, sondern nach der Größe des Einkommens richtete, so kamen die Früchte des ganzen vaterländischen Grund und Bodens – mochte er Gemein- oder Privatbesitz sein – bis zu einem gewissen Grade wenigstens allen zugute.

Ja wenn uns die Darstellung dieser merkwürdigen Gesellschaftsverfassung in der aristotelischen Politik unverfälscht überliefert ist,168 so wäre[55] man auf Kreta in der Durchführung des gemeinwirtschaftlichen Prinzips soweit gegangen, auch die Ernährung der nicht am Männermahl beteiligten Familienmitglieder, der Frauen und jüngeren Kinder,169 auf Kosten der Gesamtheit zu bestreiten: eine Annahme, die allerdings insoferne großen Bedenken unterliegt, als eine so vollständige Durchführung des Rechtes auf Existenz ohne Zweifel einen sehr bedeutenden Teil des Einkommens der vermögenden Klassen in Anspruch genommen hätte und zugleich eine Anhäufung großen Besitzes in wenigen Händen sehr erschwert haben müßte, während sich auf Kreta in Wirklichkeit eine entschiedene Tendenz zu großer Ungleichheit der Vermögensverteilung bemerklich macht.170

Doch sei dem, wie ihm wolle, angesichts der geschilderten gemeinwirtschaftlichen Organisation des kretischen Syssitienwesens ist jedenfalls soviel gewiß, daß dasselbe sich mit einem Grundgedanken der strengen Agrargemeinschaft wenigstens berührt. Es erkennt, wie diese, jedem Gemeindegenossen ein angeborenes Recht auf Mitbenützung der äußeren Natur, auf den Mitgenuß der materiellen Existenzbedingungen zu, wenn es dieses Recht auch in weit beschränkterem Sinne und in den durch das Sondereigentum bedingten Formen wirtschaftlich zur Geltung bringt, d.h. nicht ein Recht am Grund und Boden selbst, sondern nur an einem Teil der jeweilig produzierten Genußmittel einräumt.

Ergibt sich nun aber aus dieser Tatsache irgendein zwingendes Beweismoment für die Annahme, daß wir hier eine durch die Entwicklung des Privateigentums am Grund und Boden hervorgerufene Umgestaltung und Abschwächung eines ursprünglichen agrarischen Gemeindekommunismus mit völlig ungetrennter Gemeinschaft des Landbesitzes vor uns haben? Nachdem sich uns die Sitte der gemeinen Bürgerspeisung selbst aus dem kriegerischen Lebensprinzip des Lagerstaates vollkommen erklärt hat, sollte da die Tatsache der gemeinwirtschaftlichen Organisation des Instituts für sich allein genügen, so weitgehende Schlüsse zu ziehen?

Ich fürchte doch sehr, daß hier die bisherige Anschauungsweise an[56] einer gewissen Verwirrung der Begriffe leidet, wenn sie das Syssitieninstitut ohne weiteres als eine »rein kommunistische Einrichtung« auffaßt,171 welche »auf das Prinzip der Gütergemeinschaft zurückgehe«,172 nur durch die ehemalige Gemeinsamkeit alles Besitzes zu erklären sei.173 Von diesem absoluten Kommunismus haben die indogermanischen Völker selbst auf der ältesten für uns erkennbaren Stufe ihrer Entwicklung nichts gewußt. Schon die indogermanische Urzeit kennt gemeinsame Wurzeln für die Bezeichnung des Stehlens und des Diebes, und auch für die Begriffe: Tauschen, Kaufen, Kaufpreis und verwandte finden sich in den indogermanischen Sprachen übereinstimmende Ausdrücke schon in alter Zeit entwickelt vor.174 Wenn demnach der Begriff des Eigentums schon der Urzeit aufgegangen ist, wo bleibt da die »ehemalige Gemeinsamkeit alles Besitzes«?

Überhaupt ist es irreführend, von einer »kretischen Gütergemeinschaft« in der Allgemeinheit zu reden, wie es selbst Roscher getan hat.175 Wer sich die ökonomische Struktur des kretischen Syssitienwesens im einzelnen veranschaulicht, wird es als »kommunistisch« höchstens insoferne bezeichnen können, als das Institut eben Gemeinwirtschaft, insbesondere Zwangsgemeinwirtschaft war. Diesen gemeinwirtschaftlichen Charakter teilt es aber, wie mit der Institution des Staates selbst, der ja die höchste Form der Zwangsgemeinwirtschaft darstellt, so mit jeder staatlichen Einrichtung, welche mit den Mitteln aller (d.h. auf der finanziellen Grundlage von Steuern und öffentlichem Vermögen) für die Zwecke aller, d.h. für allgemeine Staatszwecke, arbeitet. Auch greift das kretische[57] Syssitieninstitut, obgleich es geradezu eine Lebensbedingung des Staates bildete, in das Privateigentum prinzipiell durchaus nicht tiefer ein als etwa das Sozialrecht des modernen Staates. – Wie bei der kretischen Bürgerspeisung der Ausfall, welcher durch die ungenügenden Beiträge der Ärmeren entstand, durch Staatszuschüsse und die höheren Beisteuern der Reicheren gedeckt wurde, so ergänzt die Sozialgesetzgebung des modernen Staates bei den öffentlichen Leistungen an Krankengeld, Unfall-, Invaliden- und Altersrente das unzureichende Einkommen der besitzlosen Klassen aus Leistungen der Besitzenden und teilweise auch aus Mitteln des Staates (Reichszuschuß bei der Altersversicherung). Wie auf Kreta das Einkommen der Wohlhabenden durch den – mit dem Besitz steigenden – Beitrag zum Staatstisch den Ärmeren mit zugute kam, so übertragen auch wir durch gesetzlichen Zwang an die Arbeiter Einkommensteile, die sonst den Arbeitgebern, also den Besitzenden, zugefallen wären. Und wie auf Kreta die Staatsgewalt auch dem Minderbemittelten die Beitragspflicht auferlegte, so zwingen auch wir jeden an der Arbeiterversicherung Beteiligten, mit einem Teile seines Einkommens für die Kosten des Institutes mit aufzukommen. Hier wie dort haben wir demnach eine Gesetzgebung vor uns, welche in die natürliche Verteilung des Volkseinkommens beständig eingreift und ihr mit der Zwangsgewalt des Staates eine der Volkswohlfahrt entsprechendere Richtung gibt. Zugleich bedeutet hier wie dort diese Modifikation der Einkommensverteilung eine Verschiebung derselben zugunsten der wirtschaftlich Schwachen auf Kosten der Besitzenden. Wenn daher die kretische Syssitienverfassung »rein kommunistisch« sein soll, so sind es auch die Institutionen des modernen Sozialrechts, so groß die Unterschiede im übrigen auch sein mögen.

Allerdings ist auf Kreta der Staatszuschuß gegenüber der Leistung der Beitragspflichtigen weit mehr ins Gewicht gefallen, als es in dem Sozialrecht eines Staates der Fall sein kann, dem nicht wie in dem dorischen Heerstaat die Hilfsmittel einer außerhalb der Bürgerschaft stehenden untertänigen Bevölkerung zu Gebote stehen; ferner erscheint in der kretischen Bürgerspeisung das gemeinwirtschaftliche Prinzip auch auf die Konsumtion in einem Umfang ausgedehnt, der das bei ähnlichen Veranstaltungen des modernen Staates (bei der Gemeinwirtschaft des stehenden Heeres) übliche Maß weit überschritt, endlich war im kretischen Staate das Recht auf Existenz in vollkommenerer Weise verwirklicht, als in unserer modernen Armenversorgung und Versicherungsgesetzgebung.[58] Allein es handelt sich eben bei alledem nur um ein Mehr oder Weniger. Denn die spezifischen Eigentümlichkeiten einer »rein kommunistischen« Rechtsordnung, die prinzipielle Negation des Privateigentums, der Individualwirtschaft und des Individualhaushaltes sind auch dem kretischen Staate fremd. Er kennt wohl ausgedehnten Domänenbesitz, aber kein gemeinsames Eigentum am gesamten Grund und Boden, ausgedehnte Allmendenwirtschaft, aber keine gemeinwirtschaftliche Organisation der gesamten Güterproduktion, und ebensowenig sind seine Männermahle eine Verwirklichung des rein kommunistischen Ideals der gemeinwirtschaftlichen Konsumtion, d.h. des vollkommen gemeinsamen Haushaltes aller.176

Nicht wenig hat zur Entstehung der unklaren Ansicht von dem kommunistischen Charakter der Syssitien ohne Zweifel der Umstand beigetragen, daß sie sich in ihren sozialen Wirkungen teilweise mit dem berühren, was auch als praktisches Ziel des Kommunismus erscheint. Im kommunistischen Staat soll die Befriedigung der Lebensbedürfnisse für alle die gleiche sein, und das Syssitienwesen hat wenigstens in einem Punkte eine solche Gleichstellung der Bürger im Genuß zur Folge gehabt. Allein über dieser äußeren Ähnlichkeit darf man den fundamentalen Unterschied nicht übersehen! Dort steht die Gleichheit der Lebensführung in der Tat in einem organischen Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Rechtsordnung: sie ist der natürliche Ausdruck des kommunistischen Prinzips der völlig gleichen Verteilung des Volkseinkommens und der durch sie bedingten Gleichheit der ökonomischen Lebenslage. Dagegen beruht die durch die Syssitien geschaffene Gleichheit überhaupt nicht auf einem volkswirtschaftlichen, sondern einem politischen Motiv: der durch den Staatszweck geforderten systematischen Disziplinierung der Bürger. Sie ist demgemäß auch nicht Selbstzweck, wie die Gleichheit des vulgären Kommunismus, sondern eben nur ein Mittel zur Sicherung der Lebensbedingungen des Staates.177

[59] Es ist daher von vornherein willkürlich, irgendeine bestimmte Eigentumsordnung als die notwendige Voraussetzung des Institutes hinzustellen. Die durch die Speisegenossenschaften erzielte Gleichheit der Lebensführung war von der Lebenslage der Bürger vollkommen unabhängig.178 Gerade auf Kreta müssen – wenigstens im 4. Jahrhundert – gleichzeitig mit der streng gemeinwirtschaftlichen Organisation der Syssitien die schroffsten wirtschaftlichen und sozialen Gegensätze innerhalb der Bürgerschaft bestanden haben. Ephoros spricht von Armen und Reichen,179 Aristoteles von mächtigen Familien, deren Zügellosigkeit und Gewaltsamkeit sich über alle Schranken des Rechtes und der Verfassung hinwegsetzen konnte.180 Er bezeichnet die damalige Verfassung der kretischen Städte geradezu als ein Dynastenregiment, die schlimmste Form der Oligarchie. Die Masse der Bürgerschaft fügte sich willig den »Mächtigen« (δυνατοί), die ihr offenbar durch ausgedehnten Besitz an Land und Grundholden weit überlegen waren.181

Wenn sich die »kommunistische« Organisation des Syssitienwesens mit solchen gesellschaftlichen Zuständen vereinigen ließ, so ist es begreiflich, daß Aristoteles es für durchaus möglich hält, sie in allen Staaten im Einklang mit dem bestehenden, auf dem Prinzip des Privateigentums beruhenden Wirtschaftsrecht durchzuführen.182 Ja er ist so weit entfernt, das Institut aus der Gütergemeinschaft abzuleiten, daß er es im Gegenteil in seiner Polemik gegen die kommunistischen Theorien als Argument dafür verwertet, daß auch auf der Grundlage und unter der Herrschaft des Privateigentums der Besitz seine sozialen Funktionen in befriedigendster Weise zu betätigen vermöge. Er sieht hier nichts Kommunistisches, als jenes »Gemeinmachen des Eigentums durch den Gebrauch«,183 von dem bereits oben ausführlich die Rede war.

Man wende gegen diese Auffassung nicht ein, daß es sich bei jenem gemeinnützigen Eigentumsgebrauch um eine Zwangstätigkeit handelte. Denn durch den Umstand allein, daß hier die Staatsgewalt von der Gesellschaft oder vielmehr von einem Teil derselben zugunsten des andern solche Opfer erzwang und die privatwirtschaftlichen Kräfte[60] zur Leistung dieser Opfer obligatorisch zusammenfaßte, wurden die Syssitien noch nicht zu einer »rein kommunistischen« Institution, da ja durch sie die Rechtsform des Privateigentums als Grundlage des Wirtschaftslebens in keiner Weise berührt wurde und der staatliche Zwang weiter nichts beabsichtigte, als eine vorbeugende Korrektur gewisser für die Lebensbedingungen des Staates bedenklichen Konsequenzen der bestehenden Wirtschaftsordnung. Jedenfalls genügt der staatssozialistische Charakter des kriegerischen Gesellschaftstypus vollkommen, um auch dieses kretische System des Syssitienwesens geschichtlich zu erklären.

Quelle:
Robert von Pöhlmann: Geschichte der sozialen Frage und des Sozialismus in der antiken Welt, München 31925, Bd. 1, S. 46-61.
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